Vor einiger Zeit konnten Sie an dieser Stelle schon einmal etwas zum Intervallfasten – oder auch intermittierenden Fasten lesen. Das Thema wird derzeit so intensiv diskutiert, dass wir einen wesentlichen Aspekt, der in den Diskussionen oft viel zu kurz kommt, noch einmal ausführlicher thematisieren möchten: die „Selbstkannibalisierung“ aus gesundheitlichen Gründen.
Man isst seinesgleichen nicht. Das gehört sich einfach nicht. Und dennoch sprechen die Jaminets davon, dass wir uns hin und wieder, oder auch jeden Tag ein bisschen selbst verzehren (sollten). Nicht von Nägelkauen ist die Rede, sondern von „Autophagie“, das ist der Fachausdruck. Wir sind Tag für Tag Pathogenen ausgesetzt, Fremdkörpern, die sich überall im Körper und bis in die Zellen hinein festsetzen und sie schädigen können. Außerdem verändert sich unser Körper ständig, baut an einer Stelle auf, an einer anderen ab. Manche Änderungen sehen wir, die weitaus meisten laufen, von uns unbeobachtet, im Hintergrund ab.

Zu letzteren gehört die ständige Wiederaufbereitung von Proteinen, die Zweit‑, Dritt- oder Viertverwertung von Fettsäuren, Zuckern, Aminosäuren, ja, sogar die Umwandlung von Bakterien in körpereigene Strukturen und die Ausscheidung von nicht mehr verwertbaren Stoffen. Alle diese inneren Prozesse laufen umso intensiver und effizienter, wenn wir nicht gleichzeitig etwas von außen zuführen.
Zwar brauchen wir immer wieder externe Brenn- und Baustoffe, wir haben aber nicht genügend Platz und Ressourcen, um Neues und Recycling gleichzeitig zu bewältigen. Man stelle sich eine Fabrik vor: Es kommen mehrere Lastwagenladungen neues Material. Die ganze Belegschaft ist damit beschäftigt, all das Material zu entladen, verarbeitungsfertig zu machen und in die Produktion einzusteuern. Es gibt weder Raum noch Zeit, gleichzeitig gebrauchte Produkte auseinanderzunehmen, zu reinigen, neu zusammenzusetzen und ebenfalls wieder in die Produktion einzusteuern. Das alte Zeug bleibt liegen, blockiert die Zugänge, wird irgendwo für später abgelegt, oft jedoch nie wieder abgeholt. Die Speicher werden zuletzt immer größer, und manches wird, nur zur Hälfte genutzt, einfach zur Hintertür wieder rausgeschmissen.
Das ist natürlich ein etwas drastisches Bild, es passt jedoch zu den Vorgängen in unserem eigenen Körper. Sehr wahrscheinlich ist einer der Gründe für Übergewicht, Krankheiten und Allergien die Tatsache, dass wir unserem Körper zu wenig Zeit für dieses Recycling gönnen, also zu viel konsumieren und zu wenig recyclen.
Gar nicht davon zu sprechen, dass die Zusammensetzung dessen, was wir einsteuern, heute eine andere ist, als noch vor wenigen Jahrzehnten, die Fabrik aber immer noch mehr oder weniger dieselbe wie vor vielen tausend Jahren.
Übersetzen wir das Gesagte auf unseren eigenen Körper. Wenn Sie zum Beispiel ein 70 Kilogramm schwerer Mensch sind vertilgen Sie im Jahr etwa eine Tonne Nahrungsmittel, eine gewaltige Menge. Sie müssen dennoch etwa 80% ihres Eiweißes wiederverwerten, weil Sie andernfalls noch deutlich mehr essen müssten. Diese Wiederverwertung können Sie durch Fastenphasen deutlich verbessern.
Natürlich können Sie die Fastenphasen zeitlich verdichten und einmal im Jahr eine oder zwei Wochen fasten, was viele Menschen auch tun. Das ist aber bei Weitem weniger effizient und gesundheitsfördernd, als wenn Sie kürzer, dafür aber täglich, fasten: Man kann es sich vorstellen als den Unterschied zwischen einmal im Jahr aufräumen und dauerhaft Ordnung halten.
Intermittierendes Fasten, manche nennen es auch Intervallfasten, sorgt dafür, dass in unserer „Fabrik“ lang genug Ruhe herrscht, um aufzuräumen, wiederzuverwerten, die Regale zu sortieren, Inventur zu machen, um feststellen zu können, was fehlt und entsprechend bedarfsgerecht Neues einbringen zu können.
Dafür reichen 16 Stunden am Tag, oder genauer: in der Nacht. Die einfachste, effizienteste und am leichtesten in den Alltag zu integrierende Art zu fasten ist das Denken und Organisieren in drei Fenstern: acht Schlaf-Stunden, acht wache Stunden mit Nahrung und acht wache Stunden ohne.
Noch einfacher? Ich schlafe von, sagen wir, 22 bis 6 Uhr, ich esse während des gegenüberliegenden Fensters zwischen 10 und 18 Uhr.
Dann können die meisten auch alles vergessen, was sie über Insulin-Diäten je gelernt haben, es spielt dann keine Rolle, ob ich innerhalb dieser acht Stunden meine PHD-Mahlzeiten auf zwei, drei oder gar auf vier verteile. Vielen werden allerdings zwei Mahlzeiten pro Tag völlig ausreichen, und sie werden gar kein Bedürfnis nach Snacks, Zwischenmahlzeiten etc. haben: Der „kleine Hunger zwischendurch“ verschwindet von allein.
Mehr zu den Hintergründen dieses lebens- und gesundheitsverlängernden Konzeptes finden Sie ab Seite 481 der Perfect Health Diet.
Und wer wissen will, wie das „16-Stunden-nichts-essen“ praktisch geht, das vielen verständlicherweise erst einmal etwas Angst machen wird, dem sei hier ein (vielen vielleicht schon bekannter) Trick verraten: durch einen halben Teelöffel MCT-Öl zusammen mit einem Teelöffel Weide-Butter in zwei morgendlichen Tassen Kaffee oder Tee (unbedingt mit Stabmixer gut verquirlen) ohne weiteres Frühstück wird aus dem Fasten ein Fett-(unterstütztes) Fasten, das die meisten schon nach kurzer Eingewöhnungszeit Hunger bis zum Mittagessen vergessen lässt.